Mein wahres Leben: Das war RTL2 „Transgender“ 2. Staffel

Donnerstag, 19. Juni 2014

Das war RTL2 „Transgender“ 2. Staffel

Am Dienstag lief die (vorerst?) letzte Folge von „Transgender – Mein Weg in den richtigen Körper“. 

In meinem Post zur Folge 7 hatte ich folgendes geschrieben: 
"RTL2 ist ja ein Privatsender und damit muss er, wie alle nicht öffentlich-rechtlichen Sender, auch dafür sorgen, dass gewisse Einnahmen erzielt werden. Das lässt sich aber nur, wenn auch die Einschaltquote stimmt, sonst gibt es zu wenige Werbeeinnahmen. Aber wenn man viele Zuschauer vor den Fernseher locken will, dann muss das Programm auch für den Durchschnittsbürger interessant sein.  Die meisten Transsexuellen, wie ich auch, wollen natürlich, das wir nicht als „lustige abartige Figuren“ dargestellt werden, sondern das die Menschen begreifen, dass wir auch nur ganz normale Menschen sind, die nur das Pech gehabt haben, dass Geist und Körper nicht übereinstimmen.  In Dokumentationen könnte man sehr objektiv zeigen, was es für den einzelnen bedeutet, transident zu sein, wie schwierig der Weg ist und dass transsexuell nichts mit Sex oder gar Rotlichtszene zu tun hat. Aber dass würde sich nur ein relativ kleines Publikum ansehen und damit würde die Aufklärung auch nicht viele erreichen. RTL2 versucht es mit einer Doku-Soab. Unterhaltung und Informationen in eine Sendung zu bekommen, halte ich für einen guten Ansatz. Damit erreicht man dann auch Leute. die sich das sonst nicht ansehen würden. Dass das geht, zeigen zum Beispiel die erfolgreichen Kindersendungen „Die Sendung mit der Maus“ und „Löwenzahn“.  Wie wird also die Umsetzung gelingen?"
Um es kurz zu machen, es ist nicht so gelungen, wie ich es mir vorgestellt hätte. 

Zum Positiven: 
Joker produktions und RTL2 haben bei der Darstellung nicht „daneben gegriffen“. Das, was sie gezeigt haben war, soweit ich es beurteilen kann, objektiv und wahrheitsgemäß. Besonders bei Corinna und Norma kann ich das sehr gut einschätzen, da ich sie persönlich kenne und ich diese Situation ein Jahr vorher mit meiner Familie selbst erlebt habe. 
Auch wurden Transsexuelle im wesentlichen als „normale Menschen“ mit eben einen kleinen Fehler dargestellt. Die „Rotlichtszene“ wurde nicht als „Quotenbringer“ zur Hilfe genommen und es wurden auch in der Regel die richtigen Worte gefunden. Wenn wer bei der Wortwahl aus dem Rahmen gefallen ist, dann waren es die Protagonisten. 
Der einzige Fehlgriff bei der Besetzung war Maya. Sie verkörpert in meinen Augen keine typische Transsexuelle. Wie sich Maya gegeben hat, ist genau das Bild, was Jahrzehnte in der Öffentlichkeit gezeichnet wurde, was aber die Ausnahme ist. Die meisten Transsexuellen identifizieren sich damit nicht. 

Zum Negativen: 
Der Weg wurde zu einseitig, nicht umfassend dargestellt. Man könnte meinen, wenn jemand transident ist und meint, ein Leben im anderen Körper sei das Richtige für ihn, dann geht er den Weg einfach und kommt dann irgendwann ohne große Probleme an. 
Hier wird im wesentlichen nur auf körperliche Veränderungen, insbesondere der Wunsch nach Operationen und da besonders Brustoperationen eingegangen. 
Dass dieser Weg viel umfassender ist, kommt kaum beim Zuschauer an. 
Mögliche Diskriminierungen wurden nur bei Maya angesprochen. 
Dass Betroffene teilweise viel Kraft in Genehmigungsverfahren stecken müssen, bis sie z. B. gewünschte Operationen genehmigt bekommen oder das es noch einen rechtlichen Weg zu gehen gilt, wo sie durch überholte gesetzliche Regelungen nicht nur diskriminiert werden, sondern auch finanziell zur Kasse gebeten werden (Gutachterpraxis) und sich als psychisch krank erklären lassen müssen, kommt kaum zur Sprache. 

Was mich aber gefreut hat, dass hier die Problematik bei verheirateten Transsexuellen angesprochen wurde und damit auch indirekt darauf hingewiesen wurde, das Transsexualität primär kein sexuelles Problem ist. 

Fazit: 
Für den typischen RTL2-Zuschauer dürfte die Doku-Soab zu langweilig gewesen sein. Er erwartet einfache Unterhaltung wo es auch was nicht Alltägliches zu sehen gibt. Das Transsexualität nicht alltäglich ist, ist unbestritten, aber nach spätestens einer dritten ähnlichen Wiederholung des Inhaltes wird es uninteressant, wenn da nicht was außergewöhnliches passiert. 
Die Zuschauer, die umfassende Informationen über Transidentität erwartet haben, wurden enttäuscht, denn die gab es nicht.

Ich glaube auch nicht, dass es eine 3. Staffel geben wird. 

Auf der Facebookseite von "Hormonmädchen" findet sich auch ein interessanter Beitrag dazu, der vielfach kommentiert wurde.

Eure Andrea

5 Kommentare:

  1. Nun, ich kann eigentlich nicht mitreden, denn ich habe weder die erste noch die zweite Staffel gesehen und das genau aus dem Grund den Du angesprochen hast. Ich bin der Meinung, dass es in einer Doko-Soap einfach nicht möglich ist auf unsere Probleme, hierbei speziell z.B. der seelische Kampf einzugehen. Vermutlich ist das auch überhaupt nicht gewünscht. Es soll der Wandel gezeigt werden und dabei ist es natürlich einfacher den körperlichen Wandel zu zeigen. Ob dieser nun operativ, durch Hormone oder aber auch nur durch die geänderte Einstellung zu sich selbst ausgelöst wird, ist dabei vermutlich auch nicht relevant.

    Christine

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    1. Hallo Christine,

      der Wandel ist nun mal optisch einfacher faßbar und da waren die Busen und auch die eine Nase natürlich am einfachsten darstellbar.

      Der innerliche Wandel ist nur schwer abbildbar und in eine Handlung zu fassen. In der Konstellation mit mir und meiner Ehefrau hatten wir eine Möglichkeit wo sich dies darstellen ließ und ich meine schon wir haben diese Chance genutzt.

      Schön wäre es gewesen auch auf die berufliche Situation der Mitwirkenden einzugehen. Vielleicht wird so etwas in einer Staffel 3 genutzt.

      LG Corinna ;)

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  2. Tja Andrea,

    wie ich schon lange vor Sendebeginn schrieb liegt es im Wesen einer Doku-Soap, Informationen in kleine Bröckchen aufzuteilen und diese dann in eine gewisse Handlung zu verpacken. Anders erreichst du eine Zielgruppe nicht die bei tiefergehenden Betrachtungen einfach wegzappen würde.

    Ich meine die erreichten Quoten zeigen daß es gelungen ist den Geschmack der Zielgruppe zu treffen. Muß ja nicht der Geschmack des Fachpublikums sein.

    Sicher ich fand das Ganze zu OP- und speziell Busen-lastig. Da wäre weniger mehr gewesen und hätte vielleicht die Möglichkeit geboten in der eingesparten Zeit doch noch eine andere Ecke des TS-Wegs auszuleuchten.

    Aber wie auch immer - wir haben, vielleicht noch mehr als mit Staffel 1, Menschen erreicht die sich reine Informationssendungen zum Thema TS nie ansehen würden (schon weil sie die Sender auf denen die laufen gar nicht auf ihrer Fernbedienung finden). Und das freut mich.

    LG Corinna ;)

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  3. Ganz ehrlich. Ich finde es toll wenn man versucht Aufklärung zu betreiben. Aber bei so einer Doku geht der schuss leider zu 90% nach hinten los.
    Es schauen sich nicht die leute diese Sendungen an die das verstehen, sondern die, die eh schon eine vorgefasste Meinung zu dem Thema haben.
    Die meisten interessert doch gar nicht, das TS auch Frauen bzw Männer sind. Die wollen solche exoten wie die Berlinerin Mia oder wie auch immer die hieß sehen und bringen andere TS, die ein völlig normales Leben versuchen, damit in Verbndung.
    Mit solchen Einstellungen und Klischeebeiträgen schadet man nur anstatt für Aufklärung zu sorgen.
    Aber ohne diese Typen würde sich die Sendung wahrscheinlich keiner anschauen.

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  4. Ich fand die Staffel ganz o.k. Bin selbst TM. @ Corinna: ich konnte Deinen innneren Kampf ganz gut nachvollziehen und hoffe, dass Du nicht weiter denkst/fühlst, du hättest Dich gegen das Konzept eurer Ehe entschieden. Genau wie Deine Frau wurdest Du ja selbst auch damit konfrontiert, dass Du so wie früher nicht weiter sein kannst. Ich finde, Du hast das gut gemacht und bist eine angenehme Frau. Alles Gute!

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