Mein wahres Leben: Bundesärztekammer: “Transsexuelle sind Prostituierte“

Sonntag, 16. März 2014

Bundesärztekammer: “Transsexuelle sind Prostituierte“

Dass man als Transsexuelle von so manchen unaufgeklärten Menschen diskriminiert wird, kann ich zur Not noch verstehen, weil sie es leider nicht besser beigebracht bekommen haben, als uns in eine falsche Schublade zu stecken. Aber von Institutionen, wie die Bundesärztekammer dürfte man doch mehr erwarten. 

Durch Zufall habe ich ein Beratungsergebnis der gemeinsamen Arbeitsgruppe aus Vertretern des „Arbeitskreises Blut nach § 24 TFG“ und des Ständigen Arbeitskreises „Richtlinien Hämotherapie nach §§ 12a und 18 TFG“ des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer mit dem Titel „Blutspendeausschluss von Personen mit sexuellem Risikoverhalten“ vom 25.04.2012 gefunden. 
In Punkt 9.1 Transsexualität heißt es da unter anderen:
 „… Da sich viele Transsexuelle, die eine vollständige Geschlechtsumwandlung anstreben, beruflich ausgegrenzt und gesellschaftlich diskriminiert fühlen, arbeiten viele als Prostituierte, um auf diese Weise nicht nur den Lebensunterhalt zu verdienen, sondern auch die Operationskosten zu erwirtschaften. Zur Größenordnung dieser Gruppe liegen international keine Statistiken vor. 
Eine einschlägige deutsche Erotik-Webseite, auf der Transsexuelle ihre Dienste bundesweit anbieten, enthält ca. 300 Inserate (Stand April 2011). Die tatsächliche Zahl dürfte höher sein. Unter den hier inserierenden transsexuellen Sexarbeiterinnen befinden sich auffällig viele mit asiatischer oder südamerikanischer Herkunft. 
Die häufig anzutreffende, häufig vielleicht auch nur temporäre Arbeit im Sexgewerbe führt dazu, dass Transsexuelle ein noch größeres HIV-Risiko haben, nicht nur im Vergleich zu Sexarbeiterinnen, sondern auch im Vergleich zu Männern, die Sex mit Männern haben.
 … 
Die meisten dieser epidemiologischen Studien stammen zwar aus Asien und Südamerika, aber auch für Europa liegen immerhin für eine europäische Stadt (Amsterdam) entsprechende Zahlen vor. Danach beträgt die HIV-Prävalenz in der Straßenprostitution 12 % und bei transsexuellen Prostituierten 20 %. Ähnliche Zahlenverhältnisse lassen sich auch hinsichtlich der Syphilis-Prävalenz beobachten. Diese lag 2002 in Jakarta (Indonesien) beispielsweise für Transsexuelle bei 19,3 %, während sie sich bei der Gruppe der MSM nur auf 1,1 % belief. 
Der Kondomgebrauch scheint unter transsexuellen Sexarbeiterinnen zwar zuzunehmen, aber dennoch gehen Personen, die ungeschützten Verkehr mit Transsexuellen praktizieren, immer noch ein z. T. noch größeres Risiko als Männer, die Sex mit Männern haben. 
Da der Erwerb der HIV-Infektion innerhalb dieser Personengruppe hauptsächlich auf Prostitution zurückzuführen ist, müssen sie im Sinne der Blutspendesicherheit nicht getrennt betrachtet werden, sondern fallen unter das Spendeausschlusskriterium „männliche und weibliche Prostituierte“. 
Ich find das stark diskriminierend, dass ich hier in eine Gruppe einsortiert werde, nur weil ich transsexuell bin. Andere Kriterien werden dann gar nicht mehr betrachtet, wie zum Beispiel, dass ich seit 38 Jahren mit ein und demselben Partner verheiratet bin und außer mit meiner Frau noch nie mit jemand anderen Sex hatte. 

Auch die Betrachtung finde ich sehr einseitig. Da werden internationale Untersuchungen herangezogen, die für Deutschland nicht relevant sind. 
Bei den 300 Inseraten wird selbst festgestellt, dass es hauptsächlich transsexuelle mit asiatischer oder südamerikanischer Herkunft sind. warum werden dann alle Transsexuellen mit in diesen Topf geworfen? Die verbleibenden deutschen transsexuellen Sexarbeiterinnen sind dann prozentual zu der Gesamtzahl der Transsexuellen wahrscheinlich ungefähr soviel wie es Prostituierte im Verhältnis zu allen Frauen gibt. Dann wäre es doch logisch, alle Frauen in den Topf der Prostituierten zu packen. 

Und wer schließt aus dass Andere mit häufig wechselnden Sexualpartnern das angeben? Und was ist mit TVs? Da dürfte dann doch auch ein erhöhtes Risiko bestehen. 

Diese Feststellung der Arbeitsgruppe ist nur Eines – eine Diskriminierung aller Transsexuellen. Das was es vorgibt zu sein, eine Absicherung von Patienten vor ansteckenden Krankheiten ist es mit Sicherheit nicht. 

Eure Andrea

8 Kommentare:

  1. Das Problem mit der Gleichsetzung von transidenten Frauen mit Prostituierten wurde auch auf einer der Workshops im Rahmen des Aktionsplanes für Akzeptanz und gleiche Rechte in Baden-Württemberg angesprochen. Alle Anwesenden des Arbeitskreises konnten, als sie das hörten nur mit dem Kopfschütteln über diese Form der Diskriminierung.

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  2. Aha!! ..so ist das also mit uns *staun*

    ..ich glaube das waren gar keine Ärzte, sondern ein Kongress von Hinterwäldlern
    ..die alle "strunzklug" bzw "klug wie Bohnenstroh" sind
    ..omg, wenn ich so darüber nachdenke --> ich will nicht krank werden!!

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  3. Nachtrag ...die Dunkelziffer "Ärzte ohne Hirn" ist nach dieser Aussage extrem angestiegen

    LG Yuna

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  4. Ich habe auch erst beim Lesen gestutzt, nach genauerem Lesen ergeben sich jedoch lediglich folgende Aussagen:
    1. Der prozentuale Anteil an Prostituierten unter den Transsexuellen ist signifikant höher als der Anteil an Prostituierten unter der Gesamtbevölkerung
    2. Der Anteil an HIV-positiven transsexuellen Prostituieren ist höher als der Durchschnitt unter allen Prostituierten
    3. Da fast alle HIV-positiven Transsexuellen diese Infektion durch Prostitution erworben haben (also im Umkehrschluss Transsexuelle, die nicht der Prostitution nachgehen, kein höheres HIV-Risiko haben) ist es NICHT erforderlich, "sie im Sinne der Blutspendesicherheit ... getrennt" zu betrachten (=TS per se als Ausschluss wie bisher üblich kann wegfallen, da die eigentliche Risikogruppe unter den Transsexuellen schon durch das Ausschlusskriterium Prostituierte erfasst wird).
    Also: vor dem Kommentieren bitte Gehirn einschalten und genau lesen !

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    1. Also stützt du die Argumentation daß TS kein Ausschlußkriterium beim Blutspenden sein sollte. Danke.

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    2. Hallo Anonym,

      schön wäre es, wenn Du hier wenigstens „Gesicht“ zeigen würdest und ein Pseudonym angibst.

      Wie viele genau unter Prostituierten transsexuell und HIV-positiv sind ist eigentlich nicht relevant. Aber dieses Papier suggeriert, dass im Umkehrschluss viele Transsexuelle der Prostitution nachgehen. Ich kenne sehr viele TS, aber keine Einzige davon ist eine Prostituierte. Allein die Tatsache, dass hier ein separater Abschnitt für Transsexuelle eingefügt wurde, zeigt, dass hier zumindest der Eindruck erweckt werden soll, dass TS oft wechselnde Geschlechtspartner haben. Die meisten Prostituierten sind weiblich. Gibt es einen Abschnitt „Frauen“?
      Der Satz „Da der Erwerb der HIV-Infektion innerhalb dieser Personengruppe (Die Überschrift heißt „Transsexualität“) hauptsächlich auf Prostitution zurückzuführen ist, müssen sie (also Transsexuelle) im Sinne der Blutspendesicherheit nicht getrennt betrachtet werden, sondern fallen unter das Spendeausschlusskriterium „männliche und weibliche Prostituierte“ wird im allgemeinen so gelesen: „Da der Erwerb der HIV-Infektion innerhalb der Personengruppe der Transsexuellen hauptsächlich auf Prostitution zurückzuführen ist, müssen Transsexuelle im Sinne der Blutspendesicherheit nicht getrennt betrachtet werden, sondern fallen unter das Spendeausschlusskriterium „männliche und weibliche Prostituierte“.
      Ich glaube, da hätte jemand besser vor dem Scheiben das Gehirn eingeschaltet. Oder war es eingeschaltet und wurde absichtlich so geschrieben?
      Dass Transsexuelle durch dieses Schriftstück als Risikogruppe eingestuft werden, ist gängige Praxis.
      Hier eine keine Auswahl aus Internetforen (anonymisiert)

      „… Auf Grund des Eintrags von dieser Schwester falle ich unter einen Ausschlußgrund welche von der Bundesärztekammer festgelegt sind. Der hat mir auch anstandslos den dazugehörigen Internetverweis gegeben. Siehe hier: http://www.bundesärztekammer.de/page.asp?his=0.7.45.3242.3244#22
      Dann hat er mir erklärt, das es dort zwar nicht direkt steht, das ich ausgeschlossen werden kann, aber alle! TV/TS (sollten sie sich zur Blutspende outen) zu dieser Gruppe gezählt werden. Als Ausschlußgrund hat er mir gesagt: Nach den Kriterien für einen Dauerausschluß nach Absatz 2.2.1. letzter Absatz, werden wir automatisch zu dieser Risikogruppe gezählt. ...“


      „… Ich bin zwischen 1997 & 1999, also drei Jahre in Braunschweig beim Blut und Plasmaspenden gewesen.
      Dann habe ich mich dort erkundigt, was ich zu beachten habe, wenn die HRT auf Grund meiner Transidentität beginnt und promt wurde ich in die Risikogruppe der Homosexuellen und Prostituierten gesteckt und gesperrt.
      Zu diesem Zeitpunkt war ich mit meiner damaligen Freundin bereits seit über vier Jahren zusammen und bin niemals fremdgegangen, was aber niemanden interessiert hat.
      Dann bin ich wieder in meine alte Heimatstadt zurückgegangen und habe dort ebenfall drei bis vier Jahre Blut und Plasma gespendet.
      Es ist niemals zu irgendwelchen Zwischenfällen gekommen. Weder in Braunschweig noch in meiner neuen/alten Heimat! ...“


      weiter mit Teil 2

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    3. Teil 2:

      „… In meiner neuen/alten Heimat (Schwerin) habe ich absichtlich nie etwas über meine Transidentität offenbart, da ich auf Grund des Fragebogens dazu auch keine Veranlssung gesehen habe. Denn die Risikogruppe der Transidenten gibt es dort nicht!!!
      Da ich aber immer öfter geschminkt und/oder in Frauenkleidung dort aufgetaucht bin, wurde ich dann doch irgendwann darauf angesprochen und da ich mich nicht mehr verstecken oder verleugnen wollte, habe ich gesagt, dass ich transident bin.
      Daraufhin gab es ein ein Meeting in der Führungsebene des Spendezentrums und da wurde in der Chefetage entschieden, dass ich nicht mehr zum spenden kommen soll.
      Das hatte zwar selbst die leitende Centerärztin nicht verstanden, weshalb sie damals sogar in meinem Beisein sich telefonisch mit der Leitung in Verbindung gestzt und nachgefragt.
      Sie erklärte, dass ich ein langjähriger Spender sei, der seid Jahren mit ein und der selben Partnerin zusammen ist und dass es bei mir auch niemals zu irgendwelchen Problemen oder Unstimmigkeiten gekommen ist.
      Allerdings stand die Entscheidung der Chefetage fest und die sind davon auch nicht abgerückt, was die Leitende Centerärztin selbst nicht verstanden hat!

      Fazit für mich ist, dass ich mich nicht nur ungerecht behandelt, vorverurteilt und verurtelt fühle, sondern auch diskriminiert.
      Ich werde in eine Risikogruppe gesteckt, in der ich absolut nichts zu tun habe und womit ich mich auch persönlich angegriffen fühle. ...“


      „… Ich wurde letzte Woche von einem Arzt in einem Blutspendeinstitut in Berlin abgelehnt, als er erfuhr, dass ich "transsexuell" bin. Ich lebe seit nunmehr fast 10 Jahren als Mann anerkannt, bin Sportler, kerngesund, hetero, trinke keinen Alk und gehöre auch sonst zu keiner Risikogruppe. Aber ich erhalte 4-5 Mal im Jahr eine Testosteron Depotspritze. Ich muss sagen, ich war sehr schockiert.

      Ich habe dann das Institut per Mail im Nachhinein kontaktiert und meinen Fall geschildert. Die Antwort darf ich vermutlich nicht hier veröffentlichen, würde sie aber an mögliche "Aktivisten" weiterleiten. Im Grundsatz verweist die leitende Fachärztin auf die Richtlinien der "Bundesärztekammer gemeinsam mit dem Paul-Ehrlich-Institut" und den "allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik". Ohne mir genaueres genannt zu haben, kann sie sich damit ja nur auf diese http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.6.3288.8357 Richtlinien beziehen, aber insbesondere auf das Schreiben auf das der TO bereits hinwies http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Blutspende_24052013.pdf und auf das ich mich im Folgenden beziehe.

      Nicht nur werden TS mit Transvestiten da "in einen Topf" geworfen, sondern auch mit MSM und Prostituierten und es werden bei näherer Betrachtung sehr unwissenschaftliche Behauptungen aufgestellt, für die es keine Beweise oder treffenden Statistiken gibt! (Was sie selbst teils zugeben). Ferner verweisen sie (S.16) auf eine tabellarische Statistik, die Zahlen aus nicht-europäischen Ländern (Asien, Südamerika, zweimal Thailand!) aufweisen, die mit uns in diesen Breiten nichts zu tun haben. ... Im Gegensatz zu vielen anderen (gerade auch asiatischen, südamerikanischen) Ländern haben wir als "erwiesene" Transsexuelle in BRD zumindest dem Gesetz nach Anspruch auf GA-OPs. Und nur für mich gesprochen: Ich hätte für meine OPs ziemlich viele Jahre auf den Strich gehen müssen, um die zu bezahlen. ...“


      LG Andrea

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