Mein wahres Leben: Mai 2014

Mittwoch, 28. Mai 2014

Folge 11 von „Transgender“ auf RTL2

Gestern war nun die 11. Folge von „Transgender“ auf RTL2. Welchen Einfluss das Verlegen auf eine spätere Sendezeit für die Einschaltquoten hat, weiß ich nicht. Denn beim Primetimecheck (Quotenmeter) war zumindest diese Folge nicht zu finden. 

Josi verzichtet nun doch erst mal auf die Stirn-OP, zumindest erst mal. Ihrer Mutter freut es. Aber dafür soll erst mal die Brust ran. 
Der Kraftausdruck „Titten“, stört mich etwas. Eine anständige Frau verwendet es nicht. So etwas hört man eher am Männerstammtisch. 

Auch Maya verwendet das Wort „Titten“. Ich habe schon Probleme damit, es hier zu zitieren. 
In dieser Folge hat Sie leider meine Meinung bestärkt, dass Sie keine Transsexuelle ist, die die meisten Transsexuellen repräsentiert. Genau das Bild, was sie da zeichnet, ist es, was ich und die meisten Transgender nun mal endlich aus den Köpfen der Allgemeinheit heraus haben wollen. 
Klar es gibt auch solche Transgender, aber eben nicht so viele. Jahrzehnte wurden Transsexuelle hauptsächlich so in den Medien dargestellt, was sich aber in den letzten Jahren verbessert hat. Selbst ich dachte unter anderem dadurch früher: „Nein, transsexuell bist du nicht, denn was dort gezeigt wird, bin nicht ich.“ 

Schön, dass die Familie hinter Sophia-Doreen steht. Das macht vieles für Sie einfacher. 
Der Kommentar, dass nach dem TSG (Transsexuellengesetz) ein Endokrinologe eine Hormoneinnahme bewilligen muss, ist falsch. 
Das TSG regelt nur die rechtliche Seite, d. h. Die Namens- und Geschlechtsänderung juristisch. Es hat mit der medizinischen Seite nichts zu tun. Abgesehen davon, sind viele Punkte daraus schon vom Bundesverfassungsgesetz außer Kraft gesetzt. 
Die Verschreibung von Hormonen fällt unter die Therapiefreiheit der Ärzte. Damit kann jeder Arzt selbst bestimmen, ob und wann er es verschreibt. Er kann ein Gutachten verlangen, muss es aber nicht. Bei mir hat es eine Frauenärztin verschrieben. 
Der Endokrinologe von Sophia-Doreen überschreitet sogar nach meiner Meinung seine Kompetenz. Er übt hier auch teilweise die Funktion eines Psychologen aus. 

Wenn Mirka an eine „Rückführung“ glaubt, dann ist das in Ordnung und hilft ihr vielleicht. Ich selbst glaube nicht an solch pseudowissenschaftlichen Quatsch und damit würde ich es auch nie machen. 

John-David hat es Steffis beiden Jungens gut erklärt, dass er früher mal ein Mädchen war und sie akzeptieren es. Vor solchen Momenten hat man als Transsexueller immer Angst. 
Mit meiner kleinen Enkeltochter (3,5 Jahre) steht mir das auch noch bevor. Sie hat mich nur als „Oma“ kennengelernt. Vor ein paar Tagen, erzählte uns mein Sohn, dass sie schon nach seinem Papa gefragt hat. Er sagte nur: „Den gibt es nicht mehr.“ Sie war damit zufrieden. Danach, beim Spielen, fragte Sie mich, ob ich auch Babys hätte. Ich sagte. „Ja.“ Daraufhin bohrte sie weiter: „Wer sind denn Deine Babys?“ „Dein Papa“ konnte ich ja nicht sagen, denn da war ja schon meine Frau die Mutter. Also sagte ich: „Tante Janette (unsere Tochter)“. Dann kam aber die nächste Frage: „War Janette auch in Deinem Bauch?“ Da ich nicht lügen wollte, sagte ich dann: „ Oh, ich muss jetzt Kaffee kochen“ und ging in die Küche. Aber bestimmt nicht mehr lange hin, da muss ich mit der Wahrheit raus. 
Auch noch von mir herzlichen Glückwunsch zur Geburt von Jeremie. 

Nina kenne ich über das Internet schon länger. Wer Aktuelles von ihr wissen möchte, kann ihren Blog besuchen. 
Viel gibt es über Nina in diesen Folge nicht zu schreiben. Ich würde einfach sagen, sie repräsentiert eine typische junge Transfrau

Eure Andrea 




Sonntag, 11. Mai 2014

Conchita Wurst – alles Wurst?

Nein, eher im Gegenteil. 
Der Österreicher Thomas Neuwirth will mit seinem Auftritt als Conchita Wurst „ein markantes Zeichen für Toleranz und gegen Diskriminierung setzen“, Wie er auf seine Homepage sagt. „Conchita verdankt ihre Geburt dem Umstand, dass Tom Zeit seines Lebens mit Diskriminierung zu kämpfen hatte. Also schuf er eine Frau mit Bart. Als auffälliges Statement. Als Katalysator für Diskussionen über Begriffe wie 'anders' oder 'normal'. Als Ventil, mit dem er seine Botschaft unübersehbar und unüberhörbar in alle Welt tragen will.“ 
Für Tom alias Conchita sind Aussehen, Geschlecht und Herkunft völlig Wurst, wenn es um die Würde und Freiheit des Einzelnen geht. „Einzig und allein der Mensch zählt“, sagt er, „jeder soll sein Leben so leben dürfen, wie er es für richtig hält, solange niemand zu Schaden kommt.“ Diese Aussage erinnert mich an an meinem Leitspruch „Jeder Mensch hat nur ein Leben. Er sollte es so leben, dass es ihn glücklich macht.“ Genau deshalb finde ich gut was er da macht. 

Wie ihr merkt, spreche ich immer von „Ihm“. Tom ist kein Transsexueller. Er ist ein Mann und will es auch sein. Mit Conchita Wurst ist er ein Travestiekünstler, eine Kunstfigur. Würde er sich für transident halten, dann hätte ich Probleme mit seinem Auftritt, genau wie ich Probleme mit Maya (Transgender RTL2) habe, weil den Menschen damit ein falsches Bild von Transsexualität gemacht wird. 


Dass Conchita Wurst den ersten Platz beim SONG CONTEST in Kopenhagen 2014 erreichen wird, damit habe ich nicht gerechnet. Erstaunlich fand ich, dass es überhaupt auch ein paar Punkte aus osteuropäischen Ländern gab. Hier die Punkteverteilung für Conchita: 

Belgien 12 Punkte Slowenien 12 Punkte Ukraine 8 Punkte
Finnland 12 Punkte Spanien 12 Punkte Deutschland 7 Punkte
Griechenland 12 Punkte Frankreich 10 Punkte Moldawien 7 Punkte
Großbritannien 12 Punkte Georgien 10 Punkte Lettland 6 Punkte
Irland 12 Punkte Island 10 Punkte Albanien 5 Punkte
Israel 12 Punkte Litauen 10 Punkte Russland 5 Punkte
Italien 12 Punkte Malta 10 Punkte Estland 4 Punkte
Niederlande 12 Punkte Norwegen 10 Punkte Mazedonien 3 Punkte
Portugal 12 Punkte Ungarn 10 Punkte Montenegro 2 Punkte
Schweden 12 Punkte Dänemark 8 Punkte Aserbaidschan 1 Punkt
Schweiz 12 Punkte Rumänien 8 Punkte

Weißrussland hat keine Punkte für Österreich gegeben. Aber dort wurde eine Petition gegen Conchita Wurst gestartet. „Die ESC-Teilnahme des Österreichers wird darin als 'beleidigend' betitelt. Mit der Nominierung werde eine Lebensweise propagiert, die für Weißrusslands Gesellschaft völlig 'inakzeptabel' sei. 
Die Initiatoren der Unterschriftensammlung gehen sogar noch weiter - Wurst sei eine Gefahr für Kinder: 'Dank der europäischen Liberalen hat sich der populärste internationale Wettbewerb, der von unseren Kindern gesehen wird, zu einer Brutstätte der Sodomie entwickelt', zitiert die Tiroler Tageszeitung. 

Die Meinung von Transsexuellen in Foren und Facebook über Conchita Wurst ist sehr verschieden. So vertreten viele Transfrauen die Meinung, dass der Auftritt von Conchita eine Provokation ist und ein falsches Bild über Transsexualität liefert und dass Transfrauen ja versuchen sich dem weiblichen Geschlecht so nah wie möglich unerkannt annähern wollen. Insbesondere passt ja ein Bart nicht. 
Aber das sehe ich nicht ganz so. Richtig, ich möchte auch eine völlig normale Frau sein und so gesehen werden. Aber ich verstecke mich nicht, weil ich mich nicht (mehr) für meine Transsexualität schäme und auch nur mit einem offenen Umgang erreichen kann, dass die Leute uns als als ganz normale, gesunde Menschen sehen. Und Tom sagt auch offen, dass er nicht transsexuell ist und warum er dass macht. 
Dass ich natürlich einen Bart hasse, hat damit nichts zu tun. 

Hier ein, wie ich meine, interessanter Post aus dem Forum der dgti, den ich freundlicherweise mit Zustimmung von Jana veröffentlichen darf: 

Hallo, 
Zitat: 
Ich sehe Conchita Wurst auch "nur" als Travestiekünstler wie vorher schon z.B. Mary & Gordy oder Olivia Jones. 
Etwas anderes behauptet er auch gar nicht zu sein. Er sagt ja, dass ein Anlass, die Figur zu schaffen, Protest ist. 
Er wurde wegen seiner Homosexualität in seiner Jugend oft gehänselt worden. Er möchte ein Zeichen setzen, dass es jedem Menschen möglich sein sollte, so zu leben, wie er möchte, und dass es völlig "wurst" sein sollte, welches Geschlecht man hat. (daher der Name "Wurst" der Figur) 
Der Mix von Diva und Bart ist natürlich absichtliche Provokation. Was ich vom Tom gesehen habe, ist einfach, dass er eine sehr natürliche lebenslustige Person ist. Und nebenbei gesanglich sehr talentiert (wobei er sich die Jahre sehr gesteigert hat, auf Youtube findet man eine Art österreichischen DSDS-Auftritt als er 17 war, da war er nur mäßig gut). Die Figur war einfach ein Spaß, der dann recht schnell Anklang gefunden hat. 
Er war gestern von dem Sieg sehr gerührt und hat sogar Tränen vergossen. Das fand ich süß und ehrlich. Das ganze war natürlich auch irgendwo ein politische Statement, gerade gegenüber dem homophoben Ostblock (vgl. auch die Buhrufe gegen Russland, natürlich auch im Hinblick auf die Situation in der Ukraine). Die kurze Ansprache, dass der Sieg dafür steht, dass Europa an eine Zukunft von Frieden und Freiheit (und wie anderswo noch ergänzt "Toleranz") sein soll und dass jeder selbst weiß was er ist. (was man so interpretieren kann, dass sich niemand von der Gesellschaft oder anderen vorschreiben lassen sollte, was er zu sein hat) Bei diesen zwei Sätzen hat der Saal übrigens gegröhlt, was zeigt, dass die Leute hinter der Message standen. 
Was die Provokation angeht - auch in Interviews hat er eigentlich, finde ich, recht deutlich klargemacht, dass es überhaupt nicht in seiner Absicht steht, irgendwelchen Leuten auf die Füße zu treten. Von TS hat er sich distanziert, und gesagt, dass das mit Spaß nichts zu tun hat, sondern eine ernste Entscheidung und eine Entscheidung fürs Leben sei - und seine Figur mit TS nichts zu tun hat - sondern rein mit einer Kunstfigur. 
Woanders kam auch Dana International zur Sprache und er hat explizit bedauert, dass sie von den Medien auf TS reduziert wurde. Ich finde das einfach ehrlich und respektvoll. Auch wenn er unterstreicht, dass seine Figur und TS nichts miteinander zu tun haben, kämpft er trotzdem für alle - dafür, dass jeder Mensch so sein darf, wie er ist. Ob queer oder nicht. 
Das mit der Hommage an die Frau - glaube auch nicht, dass sich hier irgendjemand auf die Füße getreten sehen sollte. Ich denke, das ist auch rein künstlerisch gemeint. Die porträtierte Diva ist natürlich auch nur eine Extremform einer künstlerischen Darstellung einer Frau. Ich sehe darin keine Beleidigung. Ich persönlich finde es viel schlimmer, wenn beispielsweise Frauen sich durch knappe und suggestive Kleidung teilweise selbst zum Sexobjekt reduzieren. 

LG Jana 

Die Transmänner sehen das im wesentlichen anders. In einem großem FTM-Forum sind da fast nur positive Posts zu finden. Aussagen wie:
Yes!!!!!!!!!!!!!!!!!!, 
Siiiiiiiiiiiiiiieg Sie hat unser Land perfekt vertreten. I bin sprachlos und begeistert!!, 
Wow Punkte ohne Ende... und abgeräumt, 
Boah, ich freu mich. Ich muss es einfach nochmal sagen *g*. Das ist so unglaublich, ich bin grad hin und weg!!, 
Wenn ich jetzt Leute wieder schlecht über "das Wurst" reden höre, dann weiß ich, dass sie neidisch sind. Das war unglaublich!, 
Wow Leute ich kann es immer noch nicht glauben, bin echt glücklich! ist ja echt gut gelaufen, finde ich toll dass sie gewonnen hat., 
And the wiener took it all! Bin super glücklich über das Ergebnis, 
"We are unstoppable!" Starke Worte. Wir sind Wurst! Ich bin gerade auch superglücklich! 
usw. sagen alles. Vieleicht liebt das daran, das für Transfrauen ein Bart ein „no go“ ist, wogegen sich Transmänner fast immer freuen, wenn da im Gesicht was sprießt. 

Durch diesen Auftritt wird zumindest erreicht, dass sich einige Menschen mit dem „Anderssein“ auseinandersetzten und vielleicht auch zu der Erkenntnis kommen das eigentlich jeder Mensch anders ist und dass Vielfalt doch nicht schlimmes ist. 

Cochita Wurst hat mit ihren Sieg jetzt das geschafft, was mehr als 30 Künstler_innen (Hella von Sinnen, Stephan Runge, Claus Vincon, Klaus Nierhoff, Michelle Connah, Tobias Reitz, Bernd von Fehrn, Birgitta Schaub, Deborah Campbell, Annie Heger, Julia Reihofer, Marion Scholz, Meike Gottschalk, Sia Korthaus, Conny Kanik, Anika Hoffmann und andere) für Gleichberechtigung, Respekt und Liebe mit dem Song "100% Mensch" erreichen wollen – mit einem politisches Lied mit lesbisch-schwulem-bisexuellen-trans (LGBT)-Inhalt ab dem 30. Mai 2014 in die Charts zu kommen.


Auf der Facebookseite steht folgende Info:

Wir sind Mensch! Zu 100%
Mehr als 30 KünstlerInnen singen gemeinsam für Gleichberechtigung, Respekt und Liebe!
Download ab dem 30. Mai 2014!

Die Welt spaltet sich. Auf der einen Seite gibt es in vielen Ländern wunderbar positive Entwicklungen für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transmenschen: Eheschließungen, eingetragene Partnerschaften, Gleichstellung bis hin zum Adoptionsrecht. Natürlich gibt es noch viel zu tun, aber die Richtung ist klar: Hin zu einer freieren und offeneren Gesellschaft – in vielen Ländern.
In vielen anderen Ländern erleben wir aber gerade genau das Gegenteil: die Rückkehr in eine Zeit der Verfolgung, Unterdrückung und staatlich legitimierter Gewalt gegenüber allem, was nicht der Heteronormativität entspricht.

Wir haben es satt, im Fernsehen Berichte darüber zu sehen, wie die Menschenwürde in Russland, Uganda, Indien, dem arabischen Raum und in so vielen anderen Ländern mit Füßen getreten wird. Wir haben es satt, dass auch in Deutschland homophobe Parolen wieder salonfähig werden. Wir haben es satt, dass menschenverachtende Stimmen einen Platz in den Medien bekommen und wir haben es satt, dass wir für jede Selbstverständlichkeit der Gleichberechtigung kämpfen und sie am Ende höchstrichterlich durchboxen müssen. Wir wollen nicht mehr als andere – wir wollen einfach nur dieselben Rechte und Pflichten wie alle. Es macht uns wütend, uns immer wieder für das rechtfertigen zu müssen, was wir sind: Mensch! Zu hundert Prozent.

Jetzt haben sich fast dreißig Künstlerinnen und Künstler zusammengefunden, um diesem Anliegen Ihre Stimme zu verleihen. Fast dreißig SängerInnen, SchauspielerInnen, EntertainerInnen, TexterInnen, OrganisatoInnen und AktivistInnen singen für Gleichberechtigung, Respekt, Liebe und das Recht, zu sein wer wir sind! Angstfrei und mit den gleichen Rechten!

Das Lied „100% Mensch“ ist ab Mitte Mai 2014 vorbestellbar und steht ab dem 30. Mai 2014 zum Download bereit! Unser Ziel: die Charts. Wenn es gelingt, dass in der ersten Woche genügend Menschen dieses Lied downloaden, würde ein LSBTTIQ Lied mit politischen Inhalt in die Charts kommen – Mit EURER HILFE SCHAFFEN WIR DAS!

Der Erlös aus den Downloads geht an die Hirschfeld-Eddy-Stiftung. Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung unterstützt Organisationen, die für die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Transsexuellen, Intersexuellen und Queers (LSBTTIQ) kämpfen. Die Stiftung arbeitet seit 1996 unter anderem mit Projekte in Russland, Afrika und Mittelamerika zusammen.

Im Namen aller beteiligten Künstlerinnen und Künstler, Unterstützerinnen und Unterstützer sowie allen, die an der Produktion des Liedes und der Videos beteiligt sind:

Danke schön für Eure Hilfe und Unterstützung! Trommelt was das Zeug hält, damit unsere Stimmen hörbar werden! Wir sind Mensch – zu hundert Prozent!

Holger Edmaier

Eure Andrea