Mein wahres Leben: Erlebnisse

Erlebnisse


Seminargruppentreffen

Am 21. Mai 2011 hatte ich Seminargruppentreffen (Treffen von ehemaligen Studenten einer Fachrichtung, die zusammen studiert haben, hier konkret TH Ilmenau 1975 -1979) in Jena. Erstaunlicher weise findet das dieses Treffen immer noch alle 2 Jahre statt.

Da ich zu diesem Zeitpunkt schon als Frau gelebt hatte, konnte und wollte ich dorthin nicht als Mann fahren. Ein bisschen komisch war mir aber schon im Bauch.
Keiner, meiner ehemaligen Mitkommilitonen wusste davon vorher.
Ich bin so fast als letzter in die Gaststätte. Als ich den Raum betrat, sahen mich alle mit der Frage im Gesicht an, wer ist denn das? Die gehört doch nicht zu uns?
Aber bevor jemand anders was sagte, begrüße ich alle in gewohnter Manier und dann erkannten mich auch schon die ersten, wahrscheinlich hauptsächlich anhand der Stimme.

Da stand ich plötzlich im Mittelpunkt und alle wollten alles wissen. Ich glaube, an diesem Abend in der Gaststätte gab es kaum ein anderes Thema. Ich wurde von allen so akzeptiert wie ich war, als Frau. Unsere 3 Frauen (in unserer Seminargruppe waren nur 3) haben sich besonders gefreut und gesagt, jetzt sind wir zu viert.
Ich habe mich richtig wohl gefühlt. Im Gegensatz zu Früher, wo ich eher der Kleine, Schüchterne und Ruhige war, der mehr oder weniger passiv war, hat sich alles nur noch um mich gedreht. Ich bin auch so richtig aus mir „raus gegangen“, so kannte ich mich eigentlich noch nicht.
Auf jeden Fall habe ich an diesem Abend auch ein gewaltiges Stück Aufklärungsarbeit geleistet, denn die Meisten hatten sich mit diesem Thema noch nicht auseinandergesetzt.

Ich freue mich auf das nächste Treffen, im Frühjahr 2013. Da mich bis dahin keiner mehr sieht, bin ich gespannt, was für Veränderungen festgestellt werden.

Besuch im Schwimmbad

Nachdem ich lange Zeit nicht mehr schwimmen war habe ich meine Frau (Sie geht fast jeden Tag) am 26.08.2011 begleitet.

Als ich noch teilweise als Mann gelebt habe, waren aber meine Brüste zuletzt schon so groß, dass ich ohne Oberteil aufgefallen wäre.
Seit ich als Frau lebe, habe ich mich noch nicht getraut, da ja das Passing mit Badeanzug viel schwieriger ist.

Jetzt habe ich ein Badekleid gefunden, dass eine gute feminine Figur formt. Es hat Softcups, die auch bei wenig Brust einen guten Eindruck machen und es verdeckt den Abdruck des besten Teils.

Ich war ganz schön aufgeregt beim betreten des Bades, obwohl ich ja schon über 5 Monate als Frau lebe. Das Umziehen ist dank Kabinen ja problemlos. Das erste „Hindernis“ war die Damendusche. Ich habe meine Frau vorgeschickt. Aber es gab keine Probleme. Das Schlimmste, was hätte passieren können, ich werde als Mann entlarvt und man hält mich für einen Spanner.
Und beim Schwimmen hat keiner auf mich geachtet, wie überall.
Beim Abduschen in der Damendusche nach dem Schwimmen gab es auch keine Probleme
Es hat richtig Spaß gemacht. Das werde ich jetzt öfters machen.

Am nächste Tag haben wir das einer Bekannten erzählt. Sie hat zu mir gesagt, dass sie es von mir rücksichtslos gegenüber den anderen Frauen findet, dass ich die Damendusche benutze. Aber Duschen vorher ist vorgeschrieben und in die Männerdusche kann ich ja auch nicht gehen und eine „neutrale“ gibt es nicht.
Diese Bemerkung zeigt mir aber, dass mich noch nicht alle Menschen als Frau sehen. Es gibt also noch Leute die meinen, ich bin nur ein Mann, der sich weiblich kleidet.

Aber was wäre, wenn ich wirklich als „Mann“ in einer solchen Situation identifiziert werde, obwohl ich mich als Frau fühle, so lebe und auch körperlich anfange, mich dem anzunähren, bis auf den Teilen da zwischen den Beinen? Einfach mal „die Hose runterlassen“, um das Gegenteil zu beweisen, bewirkt ja gerade, dass ich nicht als Frau erkannt werde!
Wie gehe ich in die Sauna? Was passiert im Krankenhaus oder gegebenenfalls später in einem Pflegeheim? Ich würde mich zu Tode schämen.

Für mich steht fest, auf Dauer kann ich als Frau ohne Geschlechtsangleichende Operation nicht glücklich werden. Eine Frau mit Penis kann nicht glücklich sein, genau wie ein Mann, dem dieser fehlt.

Ich habe auch gestern Abend mit meiner Frau darüber gesprochen. Anders als früher ist sie nicht mehr dagegen. Sie weiß, dass ich nur glücklich sein kann, wenn soviel „Frau“ bin, wie nur geht.
Obwohl meine „Geschwindigkeit“ ganz schön hoch ist, könnte von mir aus alles noch viel schneller gehen.
Aber manches braucht eben seine Zeit.

Im Supermarkt

Ich gehe mit meiner Transsexualität offen um und habe damit gute Erfahrungen gemacht. Aber es gibt dann doch Situationen, die einem peinlich sind. 

Ich bezahle fast alles mit Kreditkarte. So ist mir am 13.10.2011 passiert, dass die Kassiererin in einem Supermarkt laut und deutlich an der Kasse gesagt hat: „Das ist nicht Ihre Karte“. Darauf hin waren plötzlich alle Blicke der Kunden im näheren Umkreis und der Kassiererin der Nachbarkasse auf mich gerichtet. Ich kam mir vor, wie eine ertappte Betrügerin. Dann musste ich vor allen neugierigen Augen durch meinen Personalausweis und den DGTI-Ergänzungsausweis „beweisen“, dass ich der Mann bin, der auf der Kreditkarte steht. Ich wäre am liebsten im Boden versunken.

Eigentlich hat die Verkäuferin richtig gehandelt, aber sie hätte das unauffälliger machen können. Aber meistens interessiert es keinen, was für ein Name auf der Karte steht. Ich schätze in den ca. 200 mal, wo ich diese „männlichen Kreditkarten“ als Frau eingesetzt habe, musste ich bisher nur 2 mal mich identifizieren, also in ca. 1 % der Fälle.

Der Blitzer

Am 20.10.2011 habe heute an den Landkreis Goslar 10,- € überwiesen, da ich 8 km/h zu schnell unterwegs war. Sie haben aber festgestellt, dass ich nicht selbst gefahren sein kann:

„...Aufgrund der Feststellungen kommt die Halterin oder der Halter für den vorgenannten Verstoß als verantwortliche Fahrzeugführerin oder verantwortlicher Fahrzeugführer nicht in Betracht.
Zur Ermittlung der betroffenen Person werden Sie daher als Zeugin oder als Zeuge gehört und gebeten, den Namen und die Anschrift der Fahrzeugführerin oder des Fahrzeugführers auf der Rückseite dieses Schreibens anzugeben. ...“

Ist das nicht höflich formuliert? Die Dame kommt immer zuerst.

Aber mein Foto ist miserabel. Man erkennt zwar, dass eine Frau fährt, aber ich habe Schwierigkeiten, mich zu erkennen.

Aber erstaunlich ist, dass der  Widerspruch des Bildes zum Namen gemerkt wurde.

Gaststättenbesuch

Am 25.11.2011 waren wir, meine Tochter, meine Frau und ich in der Gaststätte essen, wo auch meine Tochter im Nebenjob tätig ist. Als wir fertig waren, habe ich meine Tochter zum bezahlen zu ihren „Kolleginnen“ an die Theke geschickt.

Eine ¼ Stunde war sie weg. Ich habe sie danach gefragt, warum das solange gedauert hat. Sie sagte: „Ich wurde gefragt, wer Ihr seit und habe gesagt, das sind meine Eltern. Sie haben mir darauf geantwortet, dass das ja nicht sein kann, das sind doch zwei Frauen und ich sagte darauf, doch die eine Frau ist mein Papa! Dann musste ich dass alles ein bisschen genauer erklären. Sie fanden das jedenfalls ‚cool’.“
Und darauf hin brauchten wir unsere Getränke alle nicht bezahlen, die hat sozusagen das Haus spendiert.
Und eine Bestätigung zu bekommen, dass man nicht als Mann identifiziert worden ist, tut einem auch gut.

Thaimassage

Zu Weihnachten haben wir von unserer Tochter Melanie eine Traditionelle Thaimassage geschenkt bekommen; meine Frau eine Rückenmassage und ich eine Fußreflexzonen­massage.
Am 06.01.2012 haben wir sie dann wahrgenommen.
Dass ich dann keine Strumpfhose anziehen kann, daran habe ich gedacht. Aber die junge Thailänderin wollte auch, dass ich unbedingt die Hose ausziehe, da die Massage bis zu den Knien geht. Da ich nun auch ausgerechnet ein relativ kurzes Shirt anhatte und einen eng anliegenden Schlüpfer, war die Blamage perfekt. Eine Frau mit einem sich deutlich abzeichnenden männlichen Teil zwischen den Beinen. Ich habe mich geschämt. „Gott sei Dank“ erhielt ich dann eine Decke, mit der ich das Ganze abdecken konnte.
Hoffentlich gehören solche Situationen bald der Vergangenheit an.

Polizeikontrolle

Wir fahren jeden Abend, egal was für ein Wetter ist, mit unserem Hund in den Wald.
Am 30.01.2012, auf der Rückfahrt, bemerkte ich einige hundert Meter vor unserem Grundstück ein Auto dicht hinter mir. Eigentlich nichts ungewöhnliches, es passiert öfters mal, aber irgendwie war es heute anders, warum wusste ich nicht.

Zu Hause angekommen, musste ich vor unserer Einfahrt halten, um das Tor zu öffnen. Das Auto hinter mir hielt aber auch an und noch bevor ich ausstieg, ging ein heller, auf uns gerichteter Scheinwerfer auf dem Dach des Autos an.
Ich stieg aus und konnte durch den mich blendenden Scheinwerfer kaum was sehen. Mir war, als wenn ich mich plötzlich mitten in einem amerikanischen Krimi befinde. Dann gingen die Türen des anderen Autos auf und es kamen zwei Gestallten auf mich zu, die ich zuerst nur schemenhaft wahrgenommen habe, aber beim Näher kommen sich als 2 Polizisten entpuppten.
Eigentlich habe ich jetzt fast auf solche Befehle gewartet, wie „Keine Bewegung, Hände aufs Autodach“ oder ähnliches. Die Atmosphäre, wie blendender Scheinwerfer in der Dunkelheit, eisige Kälte von fast minus 10 Grad unterstützten natürlich solche Gedanken.
Aber da keinerlei solche Äußerungen kamen, und auch keine Pistole zu entdecken war, faste ich Mut und fragte ganz vorsichtig, ob ich denn was falsch gemacht habe.
Dabei gingen mir die letzten Minuten in Gedanken noch mal durch den Kopf, aber mir fiel nichts ein, was ich falsch gemacht haben könnte.

Dann sagte der eine Polizist, eigentlich wollten sie mich nur verwarnen, weil eine der beiden Nummernschildleuchten nicht geht, aber jetzt haben sie noch was viel schlimmeres entdeckt und da können sie leider keine Verwarnung mehr aussprechen. Er fragte mich, ob ich nicht wüsste, was ich falsch mache.

Ich überlegte, aber mir fiel nichts ein, und meine Gedanken beschäftigten sich dann auch mehr damit, ob sie nicht wichtigere Dinge zu tun haben, als einem wegen so einer Bagatelle hinterher zu fahren. Und das „große Verbrechen“ scheinen sie ja erst hier vor beim Halt bemerkt zu haben.
Als ich dann sagte, dass ich mir keiner Schuld bewusst bin, zeigten sie auf unseren Hund und sagten, dass er nicht gesichert ist. Da fiel mir ein, dass ich das Sicherungsgitter nach dem letzteren größeren Transport vergessen hatte, wieder einzubauen.

Wieder derselbe Polizist sagte dann zu mir: „Das ist eine Ordnungswidrigkeit, die ich nicht mehr tolerieren kann. Ich muss Ihnen ein Bußgeld in Höhe von 25,- Euro aussprechen. Bitte Ihre Fahrzeugpapiere.“
Ich gab ihm diese und er sagte halb fragend: „Das ist das Auto Ihres Mannes?“ Mein nichts sagen interpretierte er dann als „Ja“.
Dann verlangte er meinen Führerschein und sagte dann etwas aufbrausend: „Wollen Sie mich verarschen, ich brauche nicht den Führerschein Ihres Mannes, sondern Ihren.“ Er sah mich verärgert an und ich sagte dann: „Das ist meiner, ich kann Ihnen meine Ausweise zeigen!“.

Und dann geschah das Unfassbare. Ich klappte meine Brieftasche auf, wo hinter zwei Klarsichtfenstern mein Personalausweis und der Ergänzungsausweis der DGTI waren und sagte: „Das bin beides ich. Auf meinen richtigen Ausweis warte ich zurzeit noch.“
Er nahm seine Taschenlampe, leuchtete die Ausweise an und nach einem flüchtigen Blick, der nicht länger als 10 Sekunden gedauert hat, sagte er: „Wenn ich sie morgen noch mal so erwische, sind Sie dran!“ Ich nehme mal an, er bezog das auf das fehlende Hundegitter und die defekte Leuchte.
Dann drehte er sich um und sagte zu seinem Kollegen, der die ganze Zeit nicht ein Wort gesprochen hatte: „Komm, wir fahren!“ und weg waren sie.

Hat sie die Situation überfordert oder wussten sie nur nicht, was sie für einen Namen auf den Strafzettel schreiben sollten?

Krankenhausbesuch

Am 04.02.2012 haben wir einen Bekannten im Krankenhaus besucht. Im Zimmer lag noch ein weiterer Mann, der irgendwie auch unseren Nachnamen mitbekommen haben muss. 

Er fragte uns, ob wir meinen Vater, einen früheren Arbeitskollegen von ihm, kennen. Ich sagte ihm: "Ja, das ist mein Vater." Darauf antwortete er: "Ich kenne ihn sehr gut und habe viele Jahre mit Ihm zusammengearbeitet. Ich kenne auch seinen Sohn und wusste gar nicht, dass er auch eine Tochter hat." 
Ich habe meine Frau angesehen und habe bemerkt, dass sie, genau wie ich, nur mit alle Mühe einen Lachkrampf unterdrücken konnte. Allerdings konnte ich mich nicht an ihn erinnern. Aber mein Vater war ja auch schon seit über 22 Jahren Rentner.

4 Kommentare:

  1. Zur Dusche: Du bist weiblich, egal mit welchem Hintergrund.
    Es gibt auch viele 100%ig komplette von Geburt Frauen, die
    maennlicher aussehen, aber deswegen sind sie noch lange kein
    Mann. Man kann nicht nur vom Äusseren ausgehen, ist ziemlich
    naiv. Und mit den Hormonen bist du spätestens weiblich. Neutrale Dusche, Schluss aus, du bist nicht neutral, bist eine ganz normale
    Frau, also hast Du auch das Recht auf die richtige Dusche.

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    1. Hallo Katja,

      das Problem hat sich ja nun Dank der OP erledigt. Nach dem Ausweis, der ja durch die „hohe Arbeitsgeschwindigkeit“ des Amtsgerichts Magdeburg immer noch auf Wolfgang lautet, wird mich ja unter der Dusch keiner fragen.

      Liebe Grüße
      Andrea

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  2. Hallo Wolfgang, hat das Amtsgerichts Magdeburg es mittlerweise auf die Reihe gekriegt?

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  3. Was?
    Wolfgang gibt es nicht mehr, nur noch Andrea.

    LG Andrea

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